top of page

Ein Steueramt als „Antrieb der Gesellschaft“ – Apokalyptischer Werbeclip für 90'000 Franken

Marc Bochsler


Apokalyptischer Werbeclip für 90'000 Franken
Apokalyptischer Werbeclip für 90'000 Franken

 

Es gibt Momente, in denen man einfach nur den Kopf schütteln kann. Ein solcher Moment ereignete sich kürzlich mit dem Werbevideo des Steueramts des Kantons Zürich. Der Clip beginnt düster: zerfallene Gebäude, apokalyptische Landschaften und das suggerierte Szenario einer Welt ohne Steueramt. Doch keine Angst: Die Retter sind da – und es sind keine geringeren als die Angestellten der Steuerbehörde.

Das Steueramt rettet die Welt – wirklich?

„Wir sind der Antrieb der Gesellschaft“, erklärt die Stimme. Ohne das Steueramt, so suggeriert das Video, gäbe es weder funktionierenden öffentlichen Verkehr, noch Bildung oder Gesundheitsversorgung. Als ob die öffentliche Verwaltung nicht nur das Geld verwaltet, sondern es gleich auch erwirtschaftet.

Man könnte meinen, das Steueramt sei der Nabel der Welt. Die Realität sieht bekanntlich anders aus: Es sind die KMU, die Industrie und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch ihre Wertschöpfung die Basis für das Gemeinwesen legen. Ohne die produktive Wirtschaft gäbe es schlicht nichts, was das Steueramt eintreiben könnte.

90'000 Franken für Eigenlob?

Für diese Selbstdarstellung hat das Steueramt keine Kosten gescheut: Stolze 89'000 Franken hat der Steuerzahler für dieses Meisterwerk hingeblättert. Geld, das sicherlich auch sinnvoller hätte eingesetzt werden können – beispielsweise zur Förderung von Unternehmen, die unter der wachsenden Steuer- und Abgabenlast ächzen.

Der Stil des Videos ist eine Mischung aus Science-Fiction und Motivationsseminar. Doch anstatt nüchtern die Aufgaben des Steueramts darzustellen, wird hier eine Botschaft der Übertreibung präsentiert. Die Behörde inszeniert sich als unverzichtbaren Motor der Gesellschaft – eine Perspektive, die auf Social Media mit teils ironischen Kommentaren quittiert wurde.

Eine verfehlte Botschaft

Die Kernfrage bleibt: Was möchte das Steueramt mit diesem Video eigentlich erreichen? Talente für die Verwaltung begeistern? Das könnte man auch mit weniger Pathos und zu geringeren Kosten erreichen. Stattdessen wird hier eine Behörde glorifiziert, deren Aufgabe es ist, Steuergesetze umzusetzen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Ironie oder Realität?

Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Während viele Unternehmen im Kanton Zürich mit steigenden Abgaben kämpfen, feiert sich die Verwaltung selbst. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: eine schlanke und effiziente Verwaltung, die den Steuerzahler entlastet, anstatt ihn für teure PR-Kampagnen zur Kasse zu bitten.

Ein Blick in die Zukunft

Ein Steueramt, das sich als „Antrieb der Gesellschaft“ bezeichnet, scheint sich seiner eigentlichen Aufgabe zu entziehen. Wäre es nicht sinnvoller, sich auf gerechte und nachvollziehbare Steuerveranlagungen zu konzentrieren? Der Kanton Zürich ist stark dank seiner Wirtschaft, nicht wegen seiner Bürokratie. Lassen wir es dabei – ohne apokalyptische Szenarien.


Hier geht es zum Video

96 Ansichten1 Kommentar

1 Comment


pch
Jan 08

Am 11.12. 2024 hatte ich folgendes Email an die Staatskanzlei gesendet:


*****

Heute habe ich mit grossem Erstaunen das neue Werbevideo des Steueramtes entdeckt:

- https://www.youtube.com/watch?v=KVD403uvxO8


Das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung ist im Kanton Zürich gesetzlich verankert. Ich bitte Sie, mir gestützt auf diese Gesetzesbestimmungen, folgende Frage zu beantworten:


1. Wozu dient ein solches Werbevideo für das Steueramt? (Da gemäss dem Job-Portal aktuell nur 8 Stellen offen sind, kann man nicht von akutem Personalmangel und Rekrutierungsproblemen reden.)


2. Welche Kosten hat die Produktion des Videos verursacht? Bitte zwischen effektiven Kosten (Produktion, Schnitt, usw) und Personalaufwand der involvierten Mitarbeitend:innen (Steueramt und allenfalls weitere Abteilungen) unterscheiden.


3. Wo und wie wird das Video veröffentlicht und zu welchen Kosten?


4. Wie gross ist…

Like
  • Facebook

Impressum     Datenschutz     

© 2023 Marc Bochsler

bottom of page